Roastbeef im Thymian-Senf-Mantel



Sagte ich schon, dass ich Rindfleisch liebe?
Ich kann auch gut vegetarisch ... also ein paar Tage ... aber dann gelüstet es mich doch irgendwann nach einem Stück Fleisch! 
Und bevor ich mir irgendeine Tofu-Ersatzfleischmasse als Rumpsteak zurechtschnitze, kaufe ich lieber nicht so oft welches, dafür aber dann eines mit einer - wie mir versichert wird - glücklichen Kindheit in freier Natur auf saftigen Wiesen. Hoffentlich!

Heute hat es ein Roastbeef erwischt:
1,2 kg vom französischen Weiderind.

Oben schön geputzt, also von Sehnen und Fett befreit. 



Unten bleibt die Fettschicht dran, sie gibt kräftigen Geschmack ab und hält das Fleisch saftig. Bei diesem Stück ist sie eher dünn. Da hat schon irgendwer dran rumgeschnippelt.
Eingeritzt hab ich es noch etwas, dann zieht sich das Fleisch beim Braten nicht so zusammen.



Die Tochter wird das Fett nachher auf dem Teller penibel abschneiden und die Hunde damit beglücken. Auch OK.

Am Tag zuvor, bestreiche ich das Roastbeef von allen Seiten mit Senf und bestreue es mit getrocknetem Thymian. Dann wird es in Folie eingewickelt und kommt wieder in den Kühlschrank. Das kannst du auch schon 2-3 Tage vorher machen.



Am Tag der Zubereitung muss das Fleisch mindestens 30 min. bevor du es anbrätst aus der Kühlung. Es soll sich auf Zimmertemperatur erwärmen, sonst erschrickt es sich zu sehr, wenn es in der heißen Pfanne landet. 
Der Tochter ist jetzt bei diesem Satz der Appetit aus Mitleid mit dem Roastbeef vergangen.
Macht nix, das wird gleich wieder, aber Respekt vor dem Stück Rind ist wichtig!

Angebraten wird in einer beschichteten Pfanne in etwas Rapsöl. Die Temperatur nicht zu hoch, Stufe 7 von 9. 
Insgesamt 8-10 min. rundherum, also auf jeder Seite ca. 2 min., die kurzen Seiten nicht vergessen. Schön vorsichtig drehen, damit die Thymian-Senf-Schicht möglichst dran bleibt. Wenn doch etwas ab geht, einfach wieder drauf streichen.

Vor dem Anbraten schon eine ofenfeste Form mit etwas Butter einstreichen.
Den Backofen auf 80°C Ober- / Unterhitze einstellen ....
Ja! 80°C - Niedrigtemperaturgaren heißt hier das Zauberwort!
Das Roastbeef in die Form setzen, noch 3 Butterflöckchen obenauf legen und ab in den Ofen. 
Nach ca. 2h30min. sollte eine Kerntemperatur beim Roastbeef von 52 - 55 Grad erreicht sein. Das ist das Ziel.

Glücklich ist jetzt jener, der ein geniales Ofentemperatur- und Fleischtemperatur-Messgerät besitzt. Ich hab ein solches vom Mann vor einigen Jahren zum Geburtstag bekommen und mich, trotz "Küchengerät", sehr darüber gefreut. Denn so ein Ding ist echt genial.
Du glaubst gar nicht, was der Ofen so alles heizt, wenn er auf angeblich 80°C steht.

Wem jetzt die Augenflüssigkeit wegen des hohen Buchstabenaufkommens schon langsam eintrocknet, liest zur Vollendung des Roastbeefs einfach unten - nach dem nächsten Bild - weiter, für die Tapferen, hier noch ein Besserwisser-Exkurs:

Diese niedrige Temperatur ist deshalb wichtig, weil das Eiweiß im Fleisch bei über 90°C stockt, das Fleisch wird grau. Ich möchte aber ein Stück Fleisch, das innen schön rosa ist. Ohne blutig, wabbelig zu sein und bei dem beim Anschneiden nicht der ganze Fleischsaft ausläuft.
Keine Frage, ich mag mein Steak am liebsten medium-rear gebraten. also ruhig noch mit einem schönen rohen Streifen in der Mitte und zum Rand hin rosa verlaufend.
Aber hier haben wir kein 250g Steak auf dem Teller, rundherum geschlossen angebraten.

Das sind 1,2 kg, die nach dem Braten auf dem Brett in Scheiben geschnitten werden.
Wenn du dieses Roastbeef bei höherer Temperatur und kürzerer Garzeit in den Ofen schiebst, ist es zwar innen auch erst rosa, aber dann in der Mitte noch blutig und beim Anschneiden hast du schlagartig eine Überschwemmung auf dem Tisch.
Du müsstest es also länger im Ofen lassen. Doch dann ist es außerhalb der Mitte definitiv grau. Und das wollen wir ja nicht.
Ausnahme ist, wenn du es nicht warm essen möchtest, sondern kalt in dünne Scheiben aufschneiden magst. Am nächsten Tag. Dann haben sich die Säfte soweit beruhigt, dass du es auch bei höherer Temperatur, kürzer, in der Mitte noch roh, garen kannst.


Weiter mit dem Rezept:


Das Roastbeef hat jetzt eine Kerntemperatur von 52°C, sagt mein schlaues Thermometer.
Die Thymiankruste wirkt ein bisschen verbrannt, das ist aber gar nicht so. Tim Mälzer sagte mal in einer Sendung über seinen etwas zu dunkel wirkenden Braten, "im Fernsehen sieht alles dunkler aus". Das ist hier auch so! Nein ernsthaft, die Kruste war lecker.

Soweit geschafft und trotzdem kannst du jetzt noch alles ruinieren.
Gefühlsmäßig, würde man nun von der kurzen Seite her aufschneiden - einfach, weil es einfacher ist.
Dann schneidest du aber parallel zur Fleischfaser und das eigentlich zarte Fleisch würde sich eher schlecht kauen lassen. Bevor ein Stück in den Ofen oder in die Pfanne wandert, immer schauen, wie die Faser verläuft und dann quer dazu abschneiden - in diesem Fall also parallel zur langen Seite schneiden.


So sieht es dann aus, wenn alles geklappt hat. 
Innen durchgehend, gleichmäßig rosa, außen ein klein bisschen grau und nur ganz wenig auslaufender Fleischsaft.

Die Hitze ist jetzt natürlich nicht so, dass du dir den Mund verbrennst. Deshalb sollte jetzt alles schon vorbereitet sein, dass die Schlemmerei direkt losgehen kann. Noch mit etwas Meersalz und frisch gemahlenem Pfeffer bestreuen und dann ... guten Appetit!




 





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